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Die Insolvenz des Arbeitgebers – Die wichtigsten Fakten!

Insolvenz des Arbeitgebers – Die wichtigsten Fakten!

Das Insolvenzverfahren eines Unternehmens kann für die betroffenen Arbeitnehmer erhebliche Unsicherheiten mit sich bringen, insbesondere hinsichtlich ihrer Arbeitsplätze und Gehaltszahlungen. Für Personalverantwortliche bedeutet die Insolvenz die Notwendigkeit, schnell und kompetent auf die sich ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen zu reagieren, um die Interessen der Mitarbeiter zu wahren und gleichzeitig zur Sanierung des Unternehmens beizutragen.

Insolvenz- und Arbeitsrecht

Während eines Insolvenzverfahrens bleiben die grundlegenden Bestimmungen des Arbeitsrechts in Kraft, jedoch gibt es spezielle Regelungen, die die Interessen der Arbeitnehmer schützen sollen. Insbesondere werden deren Ansprüche in Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten unterteilt, wobei letztere eine bevorzugte Behandlung im Insolvenzverfahren erhalten. Darüber hinaus führen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und die Bestellung eines Insolvenzverwalters dazu, dass die Arbeitsgeberstellung des Schuldners auf den Insolvenzverwalter übergeht, der dann sämtliche mit dieser Position verbundenen Rechte und Pflichten wahrnimmt.

Der Insolvenzverwalter als neuer Arbeitgeber

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen den Arbeitgeber beeinflusst das Bestehen des Arbeitsverhältnisses unmittelbar nicht, jedoch hat sie in der Regel Auswirkungen auf die Position des Schuldners als Arbeitgeber. Gemäß § 80 Abs. 1 InsO verliert mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Schuldner grundsätzlich das Recht, das Vermögen, das zur Insolvenzmasse gehört, zu verwalten und darüber zu verfügen. Dadurch tritt der Insolvenzverwalter in die Position des Arbeitgebers ein und übernimmt sämtliche damit verbundenen Rechte und Pflichten.

Im Fall der Anordnung der Eigenverwaltung kann der Schuldner seine Position als Arbeitgeber behalten. Bei dieser Verfahrensart bleibt der Schuldner unter Aufsicht eines Sachverwalters selbst verfügungsbefugt. Das Insolvenzgericht kann jedoch für bestimmte Rechtsgeschäfte die Zustimmung des Sachverwalters erforderlich machen. Zudem kann der Schuldner seine Position als Arbeitgeber bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den vorläufigen Insolvenzverwalter verlieren, wenn das Gericht ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt. Dann geht die Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über. In einem solchen Fall spricht man von einem "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter, dessen Position der des endgültigen Insolvenzverwalters ähnelt. Ohne Verfügungsverbot behält der Schuldner grundsätzlich die Verfügungsbefugnis, und der Insolvenzverwalter wird möglicherweise nur für bestimmte Maßnahmen durch das Gericht ermächtigt oder verpflichtet. In der Praxis In der Regel stehen die Beendigungen von Arbeitsverhältnissen unter dem Vorbehalt der Zustimmung eines „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters.

Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Kündigungsgrund

Die Insolvenzeröffnung hat Auswirkungen auf das Kündigungsrecht im Arbeitsverhältnis. Es ist aber wichtig zu beachten, dass die Insolvenzeröffnung an sich keine automatische betriebsbedingte Kündigung rechtfertigt. Erst wenn der Insolvenzverwalter spezifische Entscheidungen trifft, wie die Rationalisierung oder Stilllegung unrentabler Betriebe oder Betriebsabteilungen, liegen dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes vor.

Wenn nur ein Teil der Arbeitnehmer entlassen wird, muss der Insolvenzverwalter gemäß § 1 Abs. 3 KSchG eine Sozialauswahl vornehmen. Diese Sozialauswahl ist betriebsbezogen, selbst wenn der insolvente Betrieb in den letzten Jahren aufgeteilt wurde.

Die Insolvenzeröffnung beeinflusst auch die Kündigungsfristen. Gemäß § 113 Satz 2 InsO beträgt die Kündigungsfrist drei Monate zum Monatsende, es sei denn, es gilt eine kürzere Frist, die verbindlich zwischen den Vertragspartnern vereinbart wurde. Diese Frist stellt eine Höchstgrenze dar und setzt längere gesetzliche, tarifvertragliche oder vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen außer Kraft.

Betriebsübergang in der Insolvenz – Die Besonderheiten

Wer einen Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft während des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter übernimmt, tritt auch in die bestehenden Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmern ein. Der Erwerber übernimmt daher auch die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen. Es gibt aber einige insolvenzrechtliche Besonderheiten.

Die Haftungsanordnung gemäß § 613a Abs. 2 S. 1 BGB gilt im Insolvenzverfahren allerdings nicht uneingeschränkt. Der Betriebserwerber haftet nicht für Ansprüche, die bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden waren (sog. Insolvenzforderungen). Hierbei gehen die Verteilungsgrundsätze des Insolvenzverfahrens vor. Diese Ansprüche sind dann in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zur Insolvenztabelle anzumelden.

Erwirbt ein Arbeitnehmer für Zeiten nach der Insolvenzeröffnung Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, gilt im Fall des späteren Betriebsübergangs § 613a Abs. 1 S. 1 BGB. Der Betriebserwerber haftet also für den Teil der Betriebsrentenansprüche, der nach der Eröffnung des insolvenzrechtlichen Verfahrens verdient wurde.

Wenn einem Arbeitnehmer während eines Betriebsübergangs gekündigt wird, greift grundsätzlich der Kündigungsschutz gemäß § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB. Jedoch wird dann vermutet, dass die Kündigung aufgrund eines Sanierungs- oder Reorganisationskonzepts erfolgt ist und nicht wegen des Betriebsübergangs, gemäß § 128 Abs. 2 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO. Im Falle einer Kündigungsschutzklage liegt die volle Beweislast beim Arbeitnehmer, der nachweisen muss, dass ihm nicht betriebsbedingt gekündigt wurde.

Vergütungsansprüche vor und nach der Insolvenzeröffnung

Vor der Insolvenzeröffnung gelten die Ansprüche auf Gehalt in der Regel als einfache Insolvenzforderungen gemäß den § 38 InsO. Das bedeutet, dass sie keinen Vorrang haben und anteilig zur Insolvenztabelle angemeldet werden müssen. Der Zeitpunkt des Anspruchs bemisst sich nicht nach der Fälligkeit, sondern nach dem tatsächlichen Entstehen des Anspruchs. Diese Regelung stellt sicher, dass alle Gläubiger des Schuldners gleichmäßig befriedigt werden.

Nach der Insolvenzeröffnung werden Vergütungsansprüche für die Zeit nach dem Insolvenzverfahren, soweit die Arbeitsleistung auch hätte erbracht werden können, als Masseverbindlichkeiten behandelt. Das bedeutet, dass sie vorrangig aus der Insolvenzmasse befriedigt werden müssen.

Arbeitnehmer haben zudem Anspruch auf Insolvenzgeld, das ihnen bei bestimmten Insolvenzereignissen zusteht (mehr Informationen finden Sie hier). Das Insolvenzgeld entspricht dem Nettoarbeitsentgelt der letzten drei Monate vor dem Ereignis.

Die Vorfinanzierung des Arbeitsentgelts ermöglicht es, den Insolvenzgeldanspruch vor Eintritt des Insolvenzereignisses geltend zu machen. Der vorläufige Insolvenzverwalter wickelt dies mit einem Kreditinstitut ab, an welches der Arbeitnehmer seine Ansprüche gegen die Agentur für Arbeit abtreten muss.

In einer „Zweitinsolvenz“ oder bei einer Freigabe des Vermögen aus einer selbständigen Tätigkeit freigegeben wurde, besteht bei fortbestehender Zahlungsunfähigkeit kein erneuter Insolvenzgeldanspruch, es sei denn, der Arbeitgeber hat seine Zahlungsunfähigkeit wiedererlangt.

Zusammenfassend bedeutet dies:

Bekommt der Arbeitnehmer vor der Insolvenzeröffnung keinen Lohn, besteht in den meisten Fällen ein Anspruch auf Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit für drei Monate. Nach der Insolvenzeröffnung müssen alle Gehaltsansprüche, die vor der Eröffnung entstanden sind, nur noch quotal befriedigt werden, was häufig zu einem finanziellen Verlust führt. Gehaltsansprüche, die nach der Eröffnung entstehen, können jedoch als Masseverbindlichkeiten behandelt werden, wodurch der Gehaltsanspruch während des Verfahrens gesichert ist, sofern eine ausreichende Insolvenzmasse vorhanden ist (siehe unten).

Urlaubsansprüche in der Insolvenz

Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers bleibt von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt.

Die Urlaubsabgeltung ist als Masseverbindlichkeit anzusehen. Das bedeutet, dass sie vorrangig zu bedienen ist, wenn der Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen hat. Die Urlaubsabgeltung ist dann in voller Höhe zu berichtigen.

Arbeitszeitkonto

Grundsätzlich ist das angesammelte Arbeitszeitguthaben (Überstunden), da es vor der Insolvenzeröffnung entstanden ist, als Insolvenzforderung zu betrachten. Dies bedeutet, dass die Arbeitnehmer nur eine anteilige quotale Befriedigung des Arbeitszeitguthabens erhalten.

Vergütungsansprüche bei Freistellung in der Insolvenz

Die Freistellung von Arbeitnehmern ist ein häufig angewendetes Instrument des Insolvenzverwalters, um die Insolvenzmasse zu schützen, insbesondere wenn eine Masseunzulänglichkeit auftritt. Masseunzulänglichkeit bedeutet im Grunde eine "Insolvenz in der Insolvenz", wo die vorhandene Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die bestehenden Verbindlichkeiten zu decken. In solchen Fällen werden die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Masseverbindlichkeiten als Altmasseverbindlichkeiten betrachtet, die hinter den Neumasseverbindlichkeiten zurückstehen. Hierbei spielt die Freistellung eine entscheidende Rolle: Wenn sie wirksam ausgesprochen wird, werden Arbeitnehmeransprüche uneingeschränkt als Altmasseverbindlichkeit behandelt. Diese Arbeitnehmer können dann bei der Bundesagentur für Arbeit einen Antrag auf Arbeitslosengeld im Sinne der Gleichwohlgewährung stellen. Ihnen droht dann ein finanzieller Verlust.

Besteht keine Masseunzulänglichkeit und der Insolvenzverwalter stellt den Arbeitnehmer frei, so sind die Vergütungsansprüche trotz Freistellung als Masseverbindlichkeit zu erfüllen, wenn der Insolvenzverwalter erst nach Verfahrensöffnung den Betrieb stilllegt (BAG, Urteil vom 27. 9. 2007 - 6 AZR 975/06 Rn. 18).

Fazit

Es ist wichtig, die arbeitsrechtlichen Bestimmungen und Regelungen zu verstehen, um die Interessen der Arbeitnehmer zu wahren und gleichzeitig zur Sanierung des Unternehmens beizutragen. Der Insolvenzverwalter spielt dabei eine zentrale Rolle, da er die Position des Arbeitgebers übernimmt und für die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Arbeitnehmer sollten ihre Rechte im Insolvenzverfahren kennen, insbesondere hinsichtlich ihrer Vergütungsansprüche und Kündigungsrechte, um ihre Interessen bestmöglich zu schützen. Bei Problemen mit unzureichender Vergütung oder unbeachteten Rechten im Insolvenzverfahren empfehle ich, sich sofort an einen Insolvenzrechtsanwalt zu wenden.

Die Insolvenz des Arbeitgebers von Rechtsanwalt Soeren Eckhoff - Rechtsanwalt Insolvenzrecht Bremen und Berlin

Über den Autor

Rechtsanwalt Soeren Eckhoff – spezialisiert auf die Bereiche Insolvenzrecht und Sanierung

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